Neufundland
Die Insel Neufundland liegt nördlich von Nova Scotia und südlich von Labrador und gehört zur Region Newfoundland and Labrador.
Fähre Sydney Nord -> Port aux Basque
Uns wird mal wieder bewusst, dass Ferien sind. Die Fähren von Sydney Nord, Nova Scotia nach Port aux Basques, Newfoundland sind komplett ausgebucht. Anscheinend muss man im Frühjahr buchen, um seine Wunschzeit und eine Kabine zu bekommen. Letztere wollen wir eh nicht, und terminlich sind wir auch flexibel – nur irgendwann bis Ende Juli wäre schon schön. Nach mehreren Dutzend Versuchen schaffen wir es, einen anscheinend stornierten Platz zu bekommen. Wir haben zwei Sitzplätze auf der Nachtfähre, Abfahrt: 23 Uhr, Ankunft: 7 Uhr. Vor der Abfahrt haben wir am Indian Beach die Zeit überbrückt. Irgendwann haben dort drei Männer angefangen, Rock- und Countrymusik zu spielen. Scheint ein wöchentliches Event zu sein, da wenig später die Fans in ihren Autos kamen. Die sind nur nicht ausgestiegen. Wenn der Wind zu kalt ist, bleiben einfach alle im Auto sitzen – was wohl auch erklärt, warum die Boxen etwas übersteuert waren. Aber ein schöner Abschied von Nova Scotia. Die Fähre landet in Port aux Basques an. Das ist der südlichste Punkt von Neufundland. Es gibt auch eine Verbindung nach Argentia weiter im Osten – wäre auch eine Option, wenn man dort beginnen möchte und dann nach Westen fährt. Egal welche Verbindung, es gilt: so früh wie möglich buchen, vor allem in der Urlaubssaison oder wenn man in einer Kabine schlafen möchte. Zumindest konnte man die Sitze nach hinten kippen, und es war nicht eiskalt. Ich kann ja eh überall schlafen, Simon eher nicht so.
T’Rail
Wir kommen also ziemlich früh bei dichtem Nebel, etwas verschlafen, in Neufundland an. Gefühlt die Hälfte der Autos vom Schiff fährt zum Tim Hortons Drive-in, Kaffee tanken. Wir nehmen den Parkplatz von der Touristeninformation. Erste Überraschung: Es gab mal einen Zug auf der Insel, der bis ganz in den Osten nach St. John’s führte. Nicht so überraschend: Er wurde eingestellt. Heute ist die Route als ATV-Strecke umfunktioniert – was ja nicht heißt, dass man sie nicht laufen könnte. Nach einem Frühstück am Strand kommt die Sonne doch noch raus. Ich lasse mich von Simon in Cape Ray rausschmeißen und laufe den T’Rail bis kurz vor Saint Andrew’s, wo er mich wieder einsammelt. Fußgänger sind tatsächlich eher selten und ATVs deutlich in der Überzahl. 16 flache Kilometer stehen am Ende auf der Uhr. Der teils knöcheltiefe Schotter entschädigt für die fehlenden Höhenmeter.
Codroy Valley Folk Festival
Eigentlich haben wir nur WLAN gesucht – der Starlink ist noch nicht online. Als dann immer mehr Autos auf das Gelände hinter der Bibliothek fahren, werde ich neugierig, was da los ist.
Folk war bis jetzt eher nicht so mein Musikgenre, aber warum nicht. Das Codroy Valley Folk Festival ist wohl eine Institution und seit Jahren etabliert. Die Headliner am Vorabend haben wir verpasst.
Heute sind die kleinen Bands und HobbymusikerInnen dran. Das meiste klingt super, es gibt Selbstgebasteltes zu kaufen, und zum Alkoholtrinken muss man hinter den Zaun. Man stelle sich ein deutsches Volksfest vor, bei dem nur in abgetrennten Bereichen Alkohol getrunken werden darf.
Ich komme noch mit ein paar Leuten ins Gespräch.
Die Ratschläge:
- „Auf keinen Fall im Dunkeln fahren, wegen der Elche“
- „Unbedingt den Gros Morne National Park besuchen“
- „Die besten Fish and Chips gibt es in St. John’s“ (knappe 800 km östlich)
La marche des miettes
Noch ein Tipp vom Folk Festival: Cape St. George und der französische Brotofen. Also machen wir das zu unserem nächsten Ziel. Die Steilküste ist beeindruckend, und es gibt tatsächlich Brötchen. Auch wenn die nicht aus dem Holzofen, sondern aus dem Elektrobackofen kommen. Aber sehr lecker mit Marmelade und Butter. Wir wandern dann noch den Marche des miettes, den Brotkrumenweg. Am Ende wartet zum Glück keine Hexe wie bei Hänsel und Gretel, sondern weitere beeindruckende Steilküsten, Möwen und Seehunde unten im Wasser. Die Kanadier, die wir bis jetzt getroffen haben, sind total aufgeschlossen und unterhalten sich gerne. Das gibt uns die Möglichkeit, Tipps von den Locals abzustauben. Die Vogelkolonie am Ende des Weges können wir nur noch hören, da die Wolken und der Nebel zurück sind. Am Abend kommt die Sonne wieder raus, und wir beschließen, einfach über Nacht hier zu bleiben. Wir sind nicht die Einzigen.
Corner Brook
Deutschland braucht mehr Splash Pads! Öffentlich zugängliche Wasserspielplätze in Parks. Die gibt es hier in jeder größeren Stadt. Im Margaret Bowater Park in Corner Brook kann man sich auch wahlweise im Fluss erfrischen. Wir schlendern den ersten Abend in die Stadt auf der Suche nach einem Restaurant, um Fisch zu essen. Der etwas seltsame Typ, der uns auf der Straße anspricht, scheint etwas zu viel vom lokalen Craft Beer getrunken zu haben – aber über die Restaurants in Corner Brook weiß er Bescheid. Es gibt am Ende Fish and Chips und Fish Chowder, extrem lecker. Was auffällt, ist, dass es am Glynmill Pond überall Erinnerungsbäume gibt. Viele, anscheinend noch junge, Bäume und fast jede Bank haben Tafeln mit netten Worten an verstorbene Menschen. Die Parks sind auch tiptop in Schuss. Was wohl sowohl an der Security liegt, die bis 10 Uhr abends die Jugendlichen von Blödsinn abhält, als auch an den etwas älteren Jugendlichen, die als Putzkolonnen tagsüber durch die Parks streifen. Direkt hinter dem Parkplatz, auf dem wir stehen, fängt ein Mountainbike-Trail an. Fahrräder treffen wir nicht, dafür viele andere Läufer (12 km, 310 hm). Danach geht es ab in den Fluss. Wir entscheiden, zu bleiben, und hängen noch eine Nacht dran.
Viel Weite und wenig Menschen
Wir folgen weiter dem Trans-Canada Highway 1 Richtung Osten. Viele andere Alternativen zu dieser Straße gibt es auch nicht. Auf der Fahrt Richtung St. John’s werden wir immer mal wieder vom TCH 1 abbiegen und einen der Küstenstreifen erkunden. Was es vor allem gibt, ist viel Weite – und hier und da ein Haus. Immer wieder gibt es schöne Trails, und manchmal hat man richtig Glück und findet eine Farm, auf der man Himbeeren selber pflücken kann. Manchmal hat man Pech und kommt erst zum Cod Festival, wenn die Party schon vorbei ist.
Waschsalon und Wasserschlangen
Auch wenn wir festgestellt haben, dass wir eindeutig zu viele Klamotten dabei haben, müssen wir dann doch mal Wäsche waschen. Nur: Ist dieser Kellerladen ein Waschsalon oder doch ein Computerladen, vielleicht auch ein Solarium oder ein Fitnessstudio? Man soll sein Geschäft ja etwas breiter aufstellen, um sich gegen Krisen zu wappnen. Am Ende ist die Wäsche sauber, und es gibt noch zwei Computerlüfter zum Basteln im Camper gratis dazu. Unweit von Springdale, mit dem ominösen Waschsalon, liegt Roberts Arm am Crescent Lake. Nach einer Wanderung um den See springen wir noch rein. Cressie, die 15 m lange Seeschlange, die angeblich im See lebt, bekommen wir nicht zu sehen. Seit den 1950er-Jahren gab es wohl mehrere Sichtungen, und sie hat einen eigenen Eintrag bei Wikipedia – also muss sie wohl echt sein.
Wichtigste Regeln auf Neufundland
- Fahr niemals im Dunkeln (Vorsicht vor den Elchen)
- Du musst unbedingt nach Gros Morne (National Park)
- Der Fisch ist frisch
- Die Neufundländer teilen ihre Insel gerne mit Touristen (solange die sich nicht daneben benehmen)